Die ersten
Jahre nach der Klostergründung
Die ehemalige Grenzmauer des
Römischen Reiches der Antike kreuzte die Jagst einige Kilometer
nördlich des Härtsfeldes.
Der Limes wurde durch Militärlager, sogenannte Kastelle gesichert.
Südlich dieser Grenze wurde das Land durch die Römer erschlossen.
Das Gebiet nördlich des Limes war noch im Frühmittelalter
in vielen Gegenden Urwald. Dort wurden die wenigen Siedlungen auf
den bestehenden Lichtungen angelegt.
Die Siedlung Ellwangen wurde im Frühmittelalter, vermutlich
in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts, im Virngrundwald -
einem Buchen / Tannen-urwald - gegründet. Sie lag nur wenige
Kilometer nördlich
der ehemaligen Grenzmauer, in sumpfigem Gebiet, an der Grenzscheide
zwischen den Reichsteilen Alamannien und Austrasien. Der Name kommt
von Elchwang und bedeutet abschüssige Wiese, Halde. Elehenwang
wie Ellwangen in einer Urkunde dieser Zeit bezeichnet wurde, war
eine dörfliche
Siedlung, wie andere Orte die mit wang enden auch. Bei dieser Siedlung
wurde in den letzten Regierungsjahren Pippins, zu Ehren des heiligen
Erlösers und seiner Mutter Maria, ein Kloster gestiftet. Das
Kloster wurde nach der Ellwanger Überlieferung von Erlolf,
dem Bischof von Langres und seinem Bruder Hariolf auf eigenem Grund
und Boden gegründet. Die ersten Mönche der Abtei kamen
vermutlich aus Burgund, vielleicht aus der Abtei St. Bénigne
in Dijon. Von dort kamen auch die ersten Reliquien die in Ellwangen
verehrt wurden. Es waren dies der heilige Benignus,
die heiligen Drillinge, die heilige Leonilla und die Begleitmärtyrer der
Drillinge, Junilla, Neon und Turbon. Reliquien übten eine große
Anziehungskraft auf die Menschen dieser Zeit aus. Vermutlich kamen
sehr viele Pilger. Daraus entstand im Frühmittelalter, vielleicht
sogar in den Anfangsjahren des Klosters, der Kalte
Markt. Dies war
ein früher sehr bedeutender Pferdemarkt, der auf die Verehrung
der Reliquien der Ellwanger Pferdeheiligen
Eleusippus, Meleusippus und Speusippus zurückgeht. Er fand im Januar statt und befand
sich deshalb außerhalb der Arbeitszeiten auf dem Feld. Zu diesem
Zeitpunkt konnten die Bauern abschätzen, ob ihre Futtervorräte
reichen, oder ob sie Tiere verkaufen mussten, bzw. kaufen konnten.
In den wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Anfangsjahre
kam es dem Benediktinerkloster wahrscheinlich zugute, dass es im
Urwald, einem für andere nicht sehr begehrenswerten Gebiet
lag. Dort konnte es sich ungestört entfalten. Das einzige überlieferte
Gründungsdatum des adeligen Eigenklosters ist das Jahr 764.
Noch in diesem Jahr trat angeblich der Franke Sounhar in das Kloster
Ellwangen ein und übereignete der Abtei Ellwangen seinen Grundbesitz
in Schriesheim.
Vielleicht entstand die Benediktinerabtei Ellwangen
aber auch aus einer schon bestehenden Einsiedelei und
es gab kein bestimmtes Gründungsdatum. Der Zug zum Anachoretentum ging
ja durch die gesamte damalige Zeit. Karlmann,
der Bruder Pippins,
suchte z. B. die Einsamkeit im Kloster Monte Cassino.
Eine alte, viel begangenen Fernstraße führte
von Westeuropa kommend über den Rhein, und überquerte
die Jagst bei Ellwangen. Von dort führte sie weiter durchs Ries zur Altmühl und Donau und über Regensburg bis nach
Wien.
Das Gebiet um Ellwangen war kirchlich noch nicht erfasst. Die südliche
Grenze des Bistums
Würzburg stand noch nicht fest, ebenso die
westliche Grenze des Bistums
Eichstätt. Das Gebiet nördlich
der Donau kam erst später zum Bistum
Augsburg.
Etwas unterhalb des Klosterhügels stand in den ersten
Jahren eine bescheidene Stephanuskapelle. Der heilige Erzmärtyrer
Stephanus war in bischöflichen Kreisen sehr beliebt. Der Anlass
der zur Gründung der Abtei führte ist heute nicht mehr
genau nachvollziehbar. Denkbar wäre auch ein geplanter Bischofsitz. Hariolf übernahm, nach der Ellwanger Überlieferung von
seinem Bruder Erlolf, die Bischofswürde in Langres. Er kam
nach wenigen Jahren im Bischofsamt nach Ellwangen zurück.
Spätestens unter Karl
dem Großen, der nach dem
Tode seines Bruders Karlmann
I. im Jahre 771 auch die Macht über
die Reichsteile seines Bruders übernahm, wurde die Benediktinerabtei Ellwangen Reichskloster. Nach der Ellwanger Überlieferung
verschaffte Erlolf dem Kloster dann, wohl auf Veranlassung des
Königs, Karl
des Großen, aus Rom Reliquien weiterer
8 Heiliger. Dies waren: Sulpitius,
Servilianus, Euphrosina, Domitilla, Theodora, Bonifatius, Quartus
und Quintus. Die Patrone der Klosterkirche
wurden Sulpitius und Servilianus.
Klöster waren in dieser Zeit stark in die Reichsverwaltung
integriert, da die Mönche lesen und schreiben konnten. Daraus
erklärt sich auch das Interesse Karl
des Großen an den
Reichsklöstern. Die politische und religiöse Bedeutung
des Klosters Ellwangen wurde vor allem durch die Gründung
der Klöster Esslingen, Herbrechtingen und evtl. Schwäbisch
Gmünd, durch Abt
Fulrad; sowie durch das frühe Ausgreifen
des Besitzes des Klosters
Fulda in den weiteren Raum um Ellwangen
eingeengt.
Meiner Meinung nach könnte die Benediktinerabtei Ellwangen
ab 793 auch unterstützend beim Bau des Karlsgrabens tätig
gewesen sein. Durch Ellwangen führte ja damals eine Fernstraße.
Nachrichten darüber wurden, soweit ich weiß, jedoch
nicht überliefert.
Vermutlich stand die Stiftung nicht unter dem Einfluss des
Benediktiners Bonifatius, sondern richtete sich, wie andere Klöster
im alamannischen Raum auch, nach einer Mischregel die neben der
Benediktregel auch Elemente aus der Regel des Heiligen Columban enthielt. Hariolf verbrachte nach dem Rückzug vom Bischofsamt
sein weiteres Leben in dem von ihm gegründeten Kloster. Von
Karl dem Großen hat er dann auch das obere
Jagsttal als Interessenssphäre
zugewiesen bekommen. Die wichtigen Posten des Ellwanger Fernbesitzes,
in Gunzenhausen, Schriesheim (bei Heidelberg) und Katzwang (bei
Nürnberg), sowie Güter auf der Blaubeurener Alb, wurden
der Abtei Ellwangen vermutlich in den ersten Jahren ihres Bestehens
geschenkt. Bischof a.D. Hariolf starb nach der Überlieferung
im Jahr 814 in Ellwangen. Im gleichen Jahr starb auch der Kaiser,
Karl der Große. |