Der Dreißigjährige
Krieg in der Fürstpropstei und in der Stadt Ellwangen
Der Konflikt der evangelischen Stände in Böhmen
mit dem katholischen Kaiser Matthias hatte
sich in jenen Tagen immer mehr zugespitzt. Am 23. Mai 1618 kamen
200 Abgesandte der betroffenen Reichsstände auf der Prager
Burg zusammen. Sie warfen die anwesenden kaiserlichen Stadthalter
sowie einen Schreiber aus dem Fenster. Wie durch ein Wunder überlebten
alle den Fenstersturz. Der Legende nach vielen sie auf einen Misthaufen.
Dies war eine Kriegserklärung an den Kaiser. Der Dreißig-jährige
Krieg hatte begonnen.
Im Jahre 1630 landeten die Schweden unter König Gustav
II. Adolf auf der Insel
Usedom um in den Dreißigjährigen
Krieg einzugreifen. Die Schlacht
bei Breitenfeld im September des
Jahres 1631 öffnete den Schweden den Weg nach Süddeutschland.
Fürstpropst Johann
Jacob Blarer von Wartensee begab
sich daraufhin mit seinen Chorherren und einigen weltlichen Räten
ins Exil. Die meiste Zeit hielt er sich in Salzburg auf.
In dieser Zeit begannen die Durchzüge zunächst
noch befreundeter Truppen durch Ellwangen. Bereits dies war eine
schwere Belastung für die Bevölkerung.
Graf Kraft von Hohenlohe-Neuenstein hatte sich mit dem Schwedenkönig Gustav
II. Adolf verbündet. Zu Beginn des Jahres 1632 erschienen
auch die ersten feindlichen Söldner in der Region. Es waren
meist Hohenloher, die dem schwedischen Obristen Claus Dietrich
von Sperreuter unterstellt waren. Dieser forderte die Stadt Ellwangen
vergebens auf, sich in schwedischen Schutz zu begeben.
Noch am selben Tag erfolgte ein Angriff auf die Tannenburg,
der zurückgeschlagen werden konnte. Bei dem Ausfall der nur
30 Mann starken Besatzung, wurde das einzige feindliche Geschütz
erbeutet.
Die ländliche Residenzstadt Ellwangen war in Verhandlungen
mit dem Herzogtum
Württemberg. Oberstleutnant Georg Holz wollte
der Fürstpropstei Ellwangen seinen Schutz aufdrängen.
Der Schwedische Oberst von Sperreuter hatte sein Hauptquartier
in Dinkelsbühl. Er erkannte die Gefahr und kam mit einer Heereseinheit
nach Ellwangen. Auf dem Weg dorthin zerstörte er Stödtlen
und stürmte mit 200 Musketieren das Schloss Rötlen. In
Neunheim Quartierte man sich ein.
Die Stimmung in der Bürgerschaft war eher für
eine Übergabe der Stadt an die Schweden. Abgesandte des Oberst
kamen am 17. Mai in die Stadt und verhandelten mit den Ellwanger
Interessensvertretern. Während der Verhandlungen inspizierte
Oberst Claus Dietrich von Sperreuter das Gebiet um die Wolfgangskirche.
Nachdem seine Abgesandten mit der Ellwanger Antwort zurückkamen
verwarf er sie. Infolgedessen kam es zu kleineren Schießereien.
Alle Bürger griffen zu den Waffen und so waren alle Schießscharten
und die Türme der Stadt gut mit Schützen besetzt. Dadurch
wurden die Schweden auf Distanz gehalten.
Über den Buchenberg rückte der Feind auf die Stadt
vor, errichtete Laufgräben und Schanzen. Gleichzeitig wurde
das Steintor von der Wolfgangsklinge aus angegriffen. Der Angriff
konnte zurückgeschlagen werden. Der hohe Getreidestand erschwerte
den Ellwanger Schützen die Sicht auf die Schwedischen Truppen.
Am Abend zogen sich die Soldaten von Sperreuters wieder zurück,
denn die Verteidiger erhielten von der Tannenburg sowie aus Hohenberg
Verstärkung.
Am Morgen des 22. Mai 1632 begannen die Schweden die Stadt
vom Buchenberg aus mit sechs Kanonen zu beschießen. Reiterei
und Fußsoldaten rückten gegen die Stadtmauer vor. Mit
einer mauerbrechenden Kanone wurde die Stadtmauer beschossen. Eine
10 Pfund schwere Kugel schlug ein großes Loch ins Steintor.
Dabei wurde ein Bürger getötet. Der hartnäckige
Wiederstand der Verteidiger blieb jedoch ungebrochen.
Die Verluste während der Kampfhandlungen sind nicht
bekannt. Auf schwedischer Seite gab es, den überlieferten
Angaben zufolge, 60 bis 70 Tote. Um 10:00 Uhr abends bot von Sperreuter
unerwartet einen Waffenstillstand an. Er forderte eine Übergabe
der Stadt ohne weitere Kampfhandlungen, ansonsten wollte er die
Stadt und das Stift in Schutt und Asche legen.
In der Stadt Ellwangen erkannte man die gefährliche
Situation. Man war an einer weiteren Eskalation der Lage nicht
interessiert. Die Interessensvertreter der Stadt hielten im Kreuzgang
des Klosters eine Beratung ab. Sie beschlossen, da der Oberst ein
vertrauenswürdiger Mensch sei, das man sich mit ihm einig
werden müsste. Dazu trafen sie sich im Garten des Amtmanns
von Tannenburg bei der Schlossmühle mit den Schwedischen Obristen
von Sperreuter und von Degenfeld, die mit 40 Berittenen dort erschienen.
Im Gartenpavillon des Amtmannes von Tannenburg wurde vereinbart
wie der Schutz des Schwedenkönigs aussehen würde. Die
Stadt wurde besetzt, die Bevölkerung musste die Waffen abgeben.
Gegen Zahlung eines Lösegeldes wurden Stadt, Schloss und Stift
nicht geplündert. Die Häuser der weltlichen Räte
und der Geistlichkeit blieben von Einquartierungen verschont. Dem
Propst sollte das Schloss und den Stiftsherren ihre Kurienhäuser
verbleiben. Die Amtsträger des Stiftes konnten ihre Ämter
weiterführen, der katholische Gottesdienst durfte weiterhin
gefeiert werden.
Eine Kontributionszahlung wurde nicht festgelegt. Über
sie sollte noch bestimmt werden.
Leutnant Haselmann der Schlossbesatzung schloss sich den
Schweden an. Er wurde von Sperreuter als Leiter der neuen, Schwedischen
Schlossbesatzung anerkannt.
Nachdem Oberst Sperreuter und Oberst Degenfeld am nächsten
Tag die Stadt wieder verließen, ließen sie den Rittmeister
David Miller als Kommandant der Ellwanger Besatzung zurück.
Am 25. Mai 1632 setzte der neu angekommene schwedische Oberstleutnant
Johann Adam von Stockheim das Lösegeld für den Erlass
der Brandschatzungen in Sperreuters Namen auf 12 000 lf. fest und
die Kontribution wöchentlich auf 2500 Reichstaler. Sollte
die Forderung nicht erfüllt werden, so drohte der Oberstleutnant
mit der Plünderung der Stadt.
Die gesamten Kosten beliefen sich auf 34 000 fl. Die Ellwanger
konnten diese ungeheuer große Summe am festgesetzten Termin
nicht bezahlen. Deshalb wurden der Stadthalter des Fürstpropstes,
Johann Bernhard Cramer und der Amtmann von Tannenburg gefangengenommen.
Im August zog wieder eine größere Schwedische
Armee unter Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar durch das Gebiet
der Fürstpropstei. Rattstadt wurde niedergebrannt; kurz darauf
auch Westhausen. Viele Menschen starben. Die Befehlshaber übernachteten
in Ellwangen.
Der Propst hielt sich im Exil auf. Er hatte die, zwischen
den Schweden und den Vertretern der Stadt vereinbarten Bestimmungen
nicht unterschrieben. Die Besatzungsmacht behandelte deshalb zwar
die Stadt nach den getroffenen Bestimmungen, nicht aber das Chorherrenstift.
Da der Fürstpropst ausgeschaltet war, nahm König Gustav
II. Adolf von Schweden das Recht für sich in Anspruch einen
neuen Landesherrn in Ellwangen einzusetzen. Im September des Jahres
1632 versprach er das kleine Fürstentum seinem Verbündeten,
Kraft von Hohenlohe-Neuenstein, der seit 1619 auf der Seite der protestantischen
Union und der Schweden am Krieg teilnahm.
Gustav
II. Adolf, der König der Schweden starb am 16.
November 1632 in der Schlacht bei Lützen.
Der Schwedische Kanzler Oxenstierna vollzog Anfang Mai des
Jahres 1633 diese Schenkung. Kraft von Hohenlohe erhielt die Fürstpropstei
Ellwangen, musste jedoch 80 000 Reichstaler an die schwedische
Kriegskasse bezahlen und das Schloss
ob Ellwangen in Verteidigungszustand
versetzen.
Die Ellwanger Bürger mussten dem Grafen von Hohenlohe
als Landesherrn huldigen. Die Geistlichen mussten einen Eid schwören,
dass sie den Grafen als neuen Landesherrn anerkennen. Die Jesuiten
mussten das Gebiet der Fürstpropstei verlassen.
Kraft von Hohenlohe war entschlossen die Reformation in
der Fürstpropstei einzuführen. Die Geistlichen mussten
die Stadt verlassen. Stattdessen kam ein evangelischer Pfarrer
und ein evangelischer Schulmeister.
Am 6. September 1634, also nur 1 1/2 Jahre nach der
Schenkung der Propstei an den Grafen von Hohenlohe setzte die Schlacht
bei Nördlingen der schwedischen Herrschaft in Süddeutschland
ein Ende. In diesem Zusammenhang musste auch Kraft von Hohenlohe
wieder fort.
Im Jahre 1645 kam es zur erneuten Besetzung der Stadt, diesmal
durch französische Söldner. Die Soldaten brachten die
Pest mit nach Ellwangen.
Fürstpropst Johann Jacob Blarer von Wartensee kam 1635 aus seinem
Exil zurück. Er erlebte noch das Ende des Dreißigjährigen
Krieges im Jahre 1648. Er starb mit fast 80 Jahren im Jahre 1654 in
Ellwangen. |