Leben
in der Stadt Ellwangen im Mittelalter
Die Siedlung Ellwangen wurde vermutlich in der ersten Hälfte
des 8. Jahrhunderts, an der Grenzscheide zwischen den Reichsteilen
Alamannien und Austrasien, im dünn besiedelten Virngrundurwald
gegründet. Der Name kommt von Elchwang und bedeutet abschüssige
Wiese, Halde. Elehenwang wie Ellwangen in einer Urkunde dieser Zeit
bezeichnet wurde, war eine dörfliche Siedlung, wie andere
Orte die mit wang enden auch. Bei dieser Siedlung wurde in den letzten
Regierungsjahren Pippins, zu Ehren des heiligen Erlösers
und seiner Mutter Maria, ein Benediktinerkloster gestiftet.
Im 12. Jahrhundert umschloss eine Mauer, von der Reste im
Boden gefunden wurden, das Kloster. Da er Geld benötigte um
den Bau einer Kirche zu bezahlen, verkaufte Abt
Helmerich Baugrundstücke
innerhalb der Klostermauer. Die an Laien verkauften Grundstücke grenzten
an die südliche Klostermauer. Der sich im Süden
an das Kloster anschließende
Teil der Siedlung wurde in die Stadtanlage miteinbezogen und anscheinend
durch einen Graben befestigt. Im Norden deckte sich die Stadtbefestigung
mit der Klostermauer.
Die Mönche des Klosters beklagten sich darüber,
dass die klösterliche Ruhe durch die Ansiedlung gestört
wurde. Deshalb und wegen der schlechten finanziellen Lage, die sie
Abt Helmerich anlasteten zwangen ihn die Mönche zum Rücktritt.
Jede Stadt hatte einen Stadtherrn. Die Deutsche Stadt des Mittelalters war zwar
bis zu einem bestimmten Grad autonom, das bedeutet sie konnte einen Teil Ihrer
Angelegenheiten selbst bestimmen. Sie war jedoch nie vollständig eigenständig
und unabhängig.
Nach dem Stadtbrand des Jahres 1182, der Ellwangen und das Kloster
mit Kirche zerstörte, wurde eine neue Abteikirche, die das Gesicht der Stadtanlage
prägte, gebaut. In dieser Zeit wurde auch die erste Burg auf dem heutigen
Schlossberg gebaut.
Die neue Kirche wurde im Jahre 1233 vom Naumburger
Bischof, dem heiligen Märtyrer Vitus geweiht.
Die Häuser in den Städten waren Wohn- und Wirtschaftsgebäude
und Wehrbauten. Die Wohnhäuser der Bürger entstanden sicher
aus dem Bauernhaus. Die Gebäude in den Städten waren im
Hochmittelalter fast ausschließlich
langgestreckte Fachwerkhäuser in Ständerbauweise, die aus
einem oder manchmal zwei Stockwerken bestanden. Die Gefache waren
mit Holzgeflecht ausgefüllt,
welches mit Lehm abgedichtet wurde. Die Dächer waren mit Stroh,
Schilf, Holzschindeln, oder mit teuren Tonziegeln bedeckt. Die Häuser besaßen
nur wenige Fenster, die in der kalten Jahreszeit abgedichtet wurden.
Die Beleuchtung erfolgte hauptsächlich
durch Kienspäne, die jedoch nur kurze Zeit brannten und ständig
beaufsichtigt werden mussten. Kerzen waren eine teure Alternative.
Die als Wärmequelle
benutzten Feuerstellen eigneten sich nicht als Beleuchtung, da bei
ihnen die Glut überwiegte. Geschlafen wurde auf einfachen Strohlagern.
Im Jahr 1255 soll Abt Rudolf die Stadt eingeäschert haben.
Wegen der politisch instabilen Lage im Heiligen Römischen Reich, in der
sich die kaiserliche sowie die päpstliche Partei gegenüberstanden,
ist eine politische Motivation der Brandstiftung wahrscheinlich.
In einer Stadt zentrierte sich der Handel, das Handwerk und
das Gewerbe. Es gab jedoch auch Bürger, die von der Landwirtschaft lebten,
die sogenannten Ackerbürger. Der wirtschaftliche Austausch zwischen Stadt
und Land gewann immer mehr an Bedeutung. Seit dem Frühmittelalter gab es
in Ellwangen 2 Jahrmärkte die dem Fernhandel dienten. Dies waren der Kalte
Markt am 17. Januar und der Herbstmesstag oder Michaelismarkt am 3. Oktober. Im
Hochmittelalter entstanden in Ellwangen, vielleicht im Zusammenhang mit der Entstehung
der Stadt, weitere Jahrmärkte.
Die Stadt und das Abteigebiet waren seit der Stauferzeit durch Burgen
gesichert. Einige Kilometer nördlich von Ellwangen befand sich z. B. die Tannenburg bei Bühlertann. Einige Kilometer südlich war eine Burg in Schwabsberg.
In der Nähe der Stadt befanden sich auch Burgen. Zum Beispiel die Rinderburg.
Auch das heutige Schloss
ob Ellwangen entstand aus einer Burg die dem Abt als
Wohnsitz diente. Im Süden der Stadt befanden sich Burgställe.
Z. B. im nahegelegenen Schrezheim und im heutigen Rotenbach.
Die Stadtanlage war durch Gräben befestigt. Diese Funktion übernahm im Norden der Stadt der Stelzenbach und im Westen
die Jagst. In der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts wurde eine Stadtmauer gebaut, von der noch Teile erhalten sind. Sie wurde in den darauffolgenden Jahrhunderten ausgebaut.
Die Zufahrtswege waren mit Toren versehen. Dies waren: im Süden
der heutigen Marienstraße das Steintor; im Norden der heutigen Schmiedstraße
das Jagsttor und das Obere Tor in Richtung der Burg. Das Röter Tor am Ende
der heutigen Adelberger Gasse führte auf die Straße nach Aalen. Außerdem
gab es noch das „Tor gen die Siechen“ im Bereich der Marienkirche.
Die Tore waren zugleich auch die Zollstationen.
Die Zinsen, die die Bürger entrichten mussten waren auf St.
Martin und ein kleiner Teil auf Ostern fällig. Diese wurden
in Geld und in Naturalien bezahlt. Die Besitzer der Hofstätten
in der Stadt, für die Zinsgeld festgelegt war, mussten keinen Frondienst leisten. Alle anderen mussten bei der Ernte mithelfen.
War die Hofstatt überbaut, so mussten sie für einen Monat
ein Bett für das Gesinde der Burg zur Verfügung stellen.
Die Bürger konnten die Hofstätten untereinander verkaufen,
mussten den Verkauf jedoch anzeigen.
Das Stadtrecht bezog sich nicht auf den einzelnen Bürger, sondern
auf die Gesamtheit der Bürger. Bürger einer Stadt war nur
wer den Bürgereid geleistet hatte. Mit diesem Status waren Rechte
aber auch Pflichten verbunden. Nach dem Tode eines Stadtrates schlugen
die anderen Ratsherren dem Abt einen Nachfolger vor. Die vom Abt
eingesetzten Ratsherren des Stadtrates bildeten zugleich das Stadtgericht.
Vorsitzender des Stadtrates sowie des Stadtgerichts war der Stadtschultheiß.
In den Aufgabenkreis des Schultheißen sowie des Stadtrates
gehörte die Aufnahme neuer Bürger. Der Abt übernahm
Schutzpflichten gegenüber den Bürgern von Ellwangen. Er
bewahrte die Bürger der Stadt unter anderem vor Schäden,
die sie durch falsche Gewichte, Maße, Waagen erleiden könnten,
da er diese streng überwachen ließ.
In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts konnten die Öttinger Riesgrafen in Ellwangen Gebühren für die niedere
Gerichtsbarkeit einziehen, besaßen damals also die Vogtei für die niedere
Gerichtsbarkeit.
Vorsitzender des Stadtgerichts, das neben der Hochgerichtsbarkeit auch für die niedere Gerichtsbarkeit zuständig war, war
der Schultheiß. Dieses Stadtgericht war eher mit einem Stadtrat
als mit einer Justizbehörde im heutigen Sinne vergleichbar.
Die Mitglieder des Stadtgerichts wurden vom Abt benannt. Dem Stadtgericht
konnten die Grafen des Riesgaues einen Vogt beigesellen, der den
Gebühreneingang und das korrekte Verhalten des Schultheißen überwachen
sollte. Dies war mit Kosten für die Abtei Ellwangen verbunden.
1365 konnte das Kloster das Erblehen mit diesen Vogteiansprüchen
auf dem Land zurückkaufen. Im Jahre 1381 kaufte es auch mit
3200 Gulden die Vogtei über das Stadtgebiet zurück. Stadtherr
und Gerichtsherr war der Abt auch während der Belehnung der Öttinger
mit der Vogtei für die niedere Gerichtsbarkeit geblieben.
Die Stadtmauer, von der heute noch Reste erhalten sind, wurde um
das Jahr 1400 gebaut. In den folgenden Jahrhunderten wurde die Mauer
weiterentwickelt.
Die noch heute erhaltene Marienkirche wurde in der Amtszeit Abt Johann
von Holzingens (1427 – 1452) gebaut. In seiner Amtszeit wurde
auch ein neues Rathaus als Fachwerkhaus errichtet. Es stand an der
Stelle an der Heute das Landgericht steht.
Ellwangen wurde im Mittelalter oft das Opfer von Stadtbränden.
So z. B. die Brände von 1100, 1182, 1201, 1228/29, 1255, 1304,
1308, 1443
Nach dem Brand von 1443 wurden die Klostergebäude nicht aufgebaut,
die Mönche lebten in der Stadt.
1460 wurde das Benediktinerkloster Ellwangen in ein Chorherrenstift mit Fürstpropst umgewandelt. Die letzten Mönche waren nun
die ersten Stiftsherren. Sie brauchten nun nicht mehr im Kloster zu
leben. Die geistlichen Stiftsherren konnten Häuser in der Stadt
beziehen. |